Lob des Schattens
Es gibt ein Buch des japanischen Autors Tanizaki Jun'ichiro mit dem Titel "Lob des Schattens". Und wie der Titel schon sagt, geht es hier um die "Schwester des Lichts", wie ich die Dunkelheit, den Schatten gerne nenne. Es geht um die Ästhetik des Schattens und seine Schönheit in der japanischen Architektur. Von seinem gezielten Einsatz und seiner Berücksichtigung beim Bau von Räumen, von seiner Wirkung auf die Atmosphäre bestimmter Stellen in Räumen, davon, wie Gegenstände, Materialien und Farben danach ausgewählt werden, wie sie im Schatten oder im gedämpften, flackernden Licht wirken. Der Autor lobt die einfache, aber raffinierte Ästhetik, die durch den Gebrauch und die Patina dieser Gegenstände entsteht. Tanizaki kontrastiert die japanische Wertschätzung von Dunkelheit und Schatten mit der westlichen Vorliebe für helles, klares Licht und glänzende Oberflächen. Er argumentiert, dass westliche Beleuchtung und Architektur oft die subtile Schönheit zerstören, die im Schatten verborgen liegt.
Eine poetische Hommage an die traditionelle japanische Ästhetik und eine Würdigung der Schönheit, die im Spiel von Licht und Schatten liegt.
Vieles in meiner Fotografie basiert auf dieser Philosophie.
Schönheit liegt oft in der Dunkelheit und im Schatten verborgen. Ich sehe die Ästhetik des Schattens als eine Art Schönheit, die subtil und geheimnisvoll ist, im Gegensatz zu der oft fast grellen und offensichtlichen Schönheit der Fotografie, die viel und möglichst klar und scharf zeigen will, was sie abbildet.
Der Schatten schafft eine Atmosphäre der Ruhe und der Form, die im Einklang mit dem Licht eine Atmosphäre schafft, die eine tiefere, kontemplative Wahrnehmung des Motivs ermöglicht.
Die Betonung der Schatten in meiner Fotografie spiegelt eine Philosophie wider, die das Unvollständige und Unscharfe akzeptiert und schätzt, anstatt nach absoluter Klarheit und Perfektion zu streben.
Das Zulassen dieser Schatten, die Dunkelheit in bestimmten Bildbereichen, das Wechselspiel von hellen und dunklen Trennlinien oder sanft ineinander übergehende Bereiche entschleunigen die Szene.
Vielleicht ist es der Regen an diesem Sonntagmorgen, der mich zum Philosophieren bringt. Aber ich nutze die Gelegenheit und schreibe das auf, was ich an einem anderen Tag vielleicht nicht beschreiben könnte.